Noch viel Luft nach oben – Unser Beitrag in der NZZ (Sustainable Switzerland)

Eine Studie der Nachhaltigkeitsberatung Sustainserv in Zusammenarbeit mit der Universität Bern zeigt auf: Schweizer Firmen richten ihre Nachhaltigkeitsbemühungen derzeit noch primär nach Compliance-Anforderungen aus.

Grün ist das neue Schwarz. Welches Unternehmen kann sich noch leisten, keine Position in Bezug auf Nachhaltigkeit zu haben? Vorbei sind allerdings die Zeiten, in denen Unternehmen Spielräume hatten und Inhalte selektiv kuratieren konnten: Der Gesetzgeber hat die unternehmerische Berichterstattung über Nachhaltigkeit zur Verpflichtung gemacht. Besonders hart trifft es dabei klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Denn bei ihnen ist das Nachhaltigkeitsmanagement meist nicht ausreichend ausgestattet.

Standards erfüllen

Aber auch die grossen Unternehmen in der Schweiz müssen noch zulegen, wie eine gemeinsame Studie der Managementberatungsfirma Sustainserv mit Prof. Dr. Markus Arnold von der Universität Bern zeigt. Schweizer Unternehmen richten im Moment ihre Nachhaltigkeitsbemühungen noch primär nach Compliance-Anforderungen aus, das heisst, sie orientieren sich an den minimalen Anforderungen und haben Nachhaltigkeitsansätze bisher kaum in ihrer Unternehmenskultur verankert.

Die Studie legt den Fokus auf die Organisation und die Implementierung von Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitszielen und zugehörigen Kennzahlen sowie auf die Berichterstattung. Gemeinsam mit der Universität Bern ist Sustainserv der Frage nachgegangen, welchen Reifegrad die Nachhaltigkeitsbemühungen Schweizer Unternehmen aufweisen. Die 2023 durchgeführte Studie zeigt klar, dass die Mehrheit der Firmen Nachhaltigkeitsstrategien vorwiegend zur Einhaltung gesetzlicher und öffentlicher Standards implementiert haben. Viele Unternehmen investieren auch bereits in Nachhaltigkeitsinitiativen. Die Motive sind, neben der Erfüllung von Compliance-Regeln, die Stärkung von Ruf und Glaubwürdigkeit. Je nach Branche gehört für Unternehmen zuweilen auch die Identifizierung und Minimierung von Risiken dazu, oder es sind grosse Kunden, die ihre Lieferanten, häufig KMU, verpflichten, ihre Nachhaltigkeitsleistungen offenzulegen. Sonst droht ein Ausschluss von der Lieferantenliste.

«Die Schweizer Unternehmen investieren seit Jahren in ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen. Allerdings hat dies in vielen Fällen noch nicht dazu geführt, dass die Nachhaltigkeit bereits wirklich Teil ihrer DNA geworden ist», sagt Prof. Dr. Markus Arnold. Dies bestätigen vor allem die Umfrageergebnisse zu den Vergütungen, welche stark von wirtschaftlichen Kennzahlen getrieben sind. Kennzahlen zu den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Hoher Aufwand

Der Studie zufolge berichten kleine Unternehmen im Schnitt seit mehr als fünf Jahren und grosse Unternehmen seit mehr als zehn Jahren über ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen. Dabei werden in erster Linie die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) und die Sustainable Development Goals (SDG) angewandt. Rasch aufgeholt haben die neuen Pflichten gemäss Schweizer Obligationenrecht, die bereits für das Geschäftsjahr 2023 erfüllt werden mussten. Vor allem grosse Unternehmen wenden dafür neben externen Kosten auch erhebliche Personalressourcen auf – im Schnitt eine Vollzeitstelle über vier Monate. Dieser Aufwand entsteht hauptsächlich bei der Zusammenstellung der relevanten Kennzahlen und schliesslich bei der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts.

Wir stellen fest, dass das Nachhaltigkeitsthema bei vielen Unternehmen professionalisiert wurde. Um aber im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, müssen viele Schweizer Unternehmen noch zulegen und ihr vertieftes Verständnis von Nachhaltigkeit in konkrete Transformationsinitiativen umsetzen. Dies ist vor allen Dingen notwendig vor dem Hintergrund der EURegulierung. Viele Schweizer Unternehmen betreiben Tochterunternehmen in EU-Ländern und sind 2026 verpflichtet, für das Geschäftsjahr 2025 EU-Richtlinien beziehungsweise Verordnungen wie die Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) oder die EU-Klimataxonomie anzuwenden. Um dies wirksam tun zu können, müssen nochmals detailliertere Informationen und Daten aufbereitet werden.

Dieser Artikel von Prof. Dr. Ralf Frank, Managing Partner von Sustainserv, erschien am 22. Juni 2024 in der NZZ Spezialbeilage Sustainable Switzerland.

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