Klimaberichterstattung kann ein wichtiger Bereich der ESG-Berichterstattung für professionelle Anleger und Finanzanalystensein. Durch die Bereitstellung von Informationen über die Exposition eines Unternehmens gegenüber klimabezogenen Risiken und Chancen kann die Klimaberichterstattung helfen, die langfristige Nachhaltigkeit und finanzielle Leistung eines Unternehmens zu bewerten. Investoren sollten auf eine Klimaberichterstattung achten, die standardisiert, zukunftsorientiert, mit der Unternehmensstrategie und dem Risikomanagement abgestimmt, transparent und genau ist.
ESG ist Mainstream, Klimaberichterstattung auf gutem Weg dorthin
ESG hat in den letzten Jahren auf den Kapitalmärkten erheblich an Bedeutung gewonnen. Laut Global Sustainable Investing Alliance (GSIA) waren 2020 bereits 35% aller professionell verwalteten Vermögenswerte weltweit, d.h. 35,3 Bio. USD, nachhaltig. Was Offenlegung durch die Unternehmen betrifft, so ist ESG auf einem guten Weg, sich zum Mainstream zu entwickeln. Eine Umfrage von KPMG hat ergeben, dass 96% der 250 größten Unternehmen der Welt nach Umsatz ESG-Berichte veröffentlichen. Darüber hinaus sorgt die politische Agenda vor allem in Europa – Stichwort CSRD und ESRS – dafür, dass mehr Unternehmen über ESG berichten müssen, wodurch sich der Pool an verfügbaren ESG-Daten massiv vergrößert.
Man kann davon ausgehen, dass die meisten Investoren und Finanzanalysten wissen, dass ESG-Berichte für die von ihnen überwachten Unternehmen verfügbar sind (was nicht bedeutet, dass sie verfügbare ESG-Daten auch nutzen). Bei einer Erhebung des CFA-Instituts unter seinen Mitgliedern aus dem Jahr 2020 z.B. sahen 32% der Befragten die ESGPerformance eines Unternehmens als einen wesentlichen Indikator für die Qualität des Managements an.
Was verbirgt sich hinter Klimaberichten und warum sind sie wichtig?
Unternehmen veröffentlichen bereits in großen Umfang Klimadaten. Auf ihren Websites stößt man auf Stichwörter wie CDP, SBTi oder TCFD. Was verbirgt sich dahinter? CDP, SBTi und TCFD sind drei der wichtigsten Rahmenwerke und Initiativen im Zusammenhang mit der Klimaberichterstattung und -maßnahmen:
1. Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist eine globale gemeinnützige Organisation, die ein Offenlegungssystem betreibt, das es Unternehmen, Städten, Staaten und Regionen ermöglicht, ihre Umweltauswirkungen zu messen und zu steuern. Es bietet einen Rahmen für die Berichterstattung über den Klimawandel, die Wassersicherheit und die Abholzung von Wäldern sowie über andere Umweltthemen.
2. Die Science Based Targets initiative (SBTi) ist eine Partnerschaft unterschiedlicher Nicht-Regierungsorganisationen, die Unternehmen dabei helfen soll, wissenschaftlich fundierte Ziele für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen festzulegen.
3. Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) ist eine Initiative des Financial Stability Board (FSB), die darauf abzielt, Unternehmen einen Rahmen für die Offenlegung von monetären Informationen über ihre klimabezogenen Risiken und Chancen zu geben.
Warum enthalten Klimaberichte für Investoren und Finanzanalysten wichtige Informationen?
Die Klimaberichterstattung ist ein zunehmend wichtiger Bereich der ESG-Berichterstattung, da der Klimawandel für viele Unternehmen und Branchen ein erhebliches Risiko darstellt. Unterschieden wird in der Klimaberichterstattung zwischen physischen Risiken und transitorischen Risiken. Dies kann an einem Beispiel erläutert werden:
Das Unternehmen Heisenberg (fiktiv) siedelt sich mit einem Produktionsbetrieb in einer Region an, die seit Jahren für Wasserknappheit und Dürren bekannt ist. Heisenberg benötigt für die Herstellung seiner Produkte an diesem Standort außerordentliche Mengen Wasser. Mit zunehmend klimatisch bedingter Wasserknappheit ergeben sich allerdings manifeste physische Risiken für Heisenberg, z.B. derart, dass immer tiefere Bohrungen nach Grundwasser notwendig sind, die erhebliche Investitionen erfordern (bis irgendwann möglicherweise das Wasser vollständig aufgebraucht ist). Aber auch erhebliche transitorische Risiken ergeben sich für Heisenberg, z.B. dadurch, dass Gesetze, die die Wasserentnahme regeln, verschärft werden und politisch durchgesetzt wird, dass Endverbrauchern, Landwirten und anderen Verbrauchern Wasserkontingente zugesprochen werden. Dies kann zu einer Verknappung von Wasser für Heisenberg führen, was eine Drosselung der Produktion mit sich bringt – ganz davon abgesehen, dass die Wasserverknappung den Preis nach oben treiben wird, also die Produktionskosten für Heisenberg ohnehin steigen.
Nutzbar sind gute und transparente Klimaberichte für Investoren und Finanzanalysten aber insbesondere, weil …
• … die Klimaberichterstattung immer mehr standardisiert wird. Mit der wachsenden Bedeutung der Klimaberichterstattung haben auch die Bemühungen um eine Standardisierung der Berichterstattung zugenommen. Industrieübergreifende Rahmenwerke und Standards wie TCFD, CDP, SBTi, aber auch branchenbezogene Standards wie jene der Net Zero Coalition tragen zu Vergleichbarkeit und Quantifizierung von Angaben bei.
• … Klimaberichte Anlegern wertvolle Informationen über die Exposition eines Unternehmens gegenüber klimabezogenen Risiken und Chancen liefern können. Investoren können diese Informationen nutzen, um die langfristige Nachhaltigkeit und finanzielle Leistung eines Unternehmens besser zu bewerten.
• … weil die Klimaberichterstattung zukunftsorientiert ist: Sie vermittelt ein klares und genaues Bild der aktuellen Leistung eines Unternehmens und liefert Informationen darüber, wie das Unternehmen plant, klimabezogene Risiken und Chancen in Zukunft anzugehen.
• … weil die Klimaberichterstattung auf die Gesamtstrategie des Unternehmens abgestimmt ist und dessen spezifische Risiken und Chancen widerspiegelt.
• … sie transparent und genau sind: Investoren sollten auf eine transparente und genaue Klimaberichterstattung mit klaren und konsistenten Messgrößen und Daten achten. Die Unternehmen sollten ihre Annahmen, Methoden und Datenquellen offenlegen, damit die Anleger die Qualität der bereitgestellten Informationen beurteilen können.
Dieser Artikel wurde im Bond Guide – Plattform für Unternehmensanleihen (Mai 2023) publiziert.