Der zurückhaltende und private Charakter der Luxusuhrenindustrie ist seit langem ein kulturelles Markenzeichen. Das implizite Versprechen von Luxus ist Perfektion und Freiheit von Unannehmlichkeiten. Die Konsumenten von Luxusgütern realisieren jedoch, dass sich hinter schönen Artikeln in Wahrheit eine Vorgeschichte von Umweltschäden und menschlichem Leid verbergen kann. Die Schweizer Luxusuhrenmanufaktur IWC Schaffhausen hat erkannt, wie wichtig es ist, ihre Praktiken zu teilen, und führt die Branche nun in Sachen Transparenz an.
Die Risiken und Belohnungen eines Vorreiters
Vor zwei Jahren bot IWC mit dem ersten Bericht der Branche, der nach den GRI-Standards, den weltweit am weitesten verbreiteten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, verfasst wurde, einen Einblick in die Luxusuhrenherstellung, der noch nie zuvor von einem Schweizer Uhrenunternehmen gewährt wurde. IWC, ein Mitglied der Richemont-Gruppe, hat die Nase vorn, indem sie eine selten gesehene Praxis der Transparenz eingeführt hat, die in einer Branche, die in Bezug auf Nachhaltigkeitsmanagement und -berichterstattung weit hinter anderen Sektoren zurückliegt. Im Juli veröffentlichte IWC ihren Bericht 2020, der noch vertieftere Einblicke in ihren Ansatz zur Unternehmensverantwortung gibt.
Es überrascht nicht, dass die Vorreiterrolle die Normen unter den Schweizer Uhrmachern in Frage gestellt hat, die von Natur aus konservativ in ihrer Bereitschaft sind, Bestehendes zu verändern. Es gilt die allgemeine Einstellung, dass Perfektion vor Kommunikation kommt. Die IWC-Führung musste sich mit der Vorstellung anfreunden, dass die öffentliche Diskussion über die Schritte, die das Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit unternimmt, bereits geführt werden kann, bevor das Unternehmen vollständige und komplette Nachhaltigkeit erreicht hat. Der Mut, dies zu tun, wurde mit Anerkennung belohnt, wie z.B. mit einem branchenführenden „ambitiösen“ Rating des WWF-Umweltratings- und Bericht 2018 über die Uhren- und Schmuckbranche sowie der Auszeichnung als „Brand to Trust“ von Positive Luxury.
Darüber hinaus ermöglichte die glaubwürdige Berichterstattung durch einen verbesserten Dialog ein starkes Engagement mit Stakeholdern. Eine tiefere Einbindung des Publikums trägt dazu bei, dass die Produkte auch weiterhin den Bedürfnissen des Marktes entsprechen, ein aussagekräftigeres Markenerlebnis erzeugen und das Band der Loyalität stärken.
«Eine transparente Berichterstattung untermauert unsere Nachhaltigkeitskommunikation. Mit dieser grundlegenden Transparenz bauen wir Vertrauen auf und führen einen informierten Dialog mit unseren Anspruchsgruppen. Es hat sich gelohnt, zu sehen, wie sehr dies geschätzt wird.»
Sarah Vowles
IWC’s methodischer Ansatz
Der bahnbrechenden Veröffentlichung im Jahr 2018 ging eine Menge Arbeit voraus.
Das Engagement von IWC für Nachhaltigkeit begann vor fast zehn Jahren mit einem strengen Blick auf die Lieferkette des Unternehmens. Da IWC erkannte, dass ihre Entscheidungen bei der Beschaffung Menschen und Umwelt entlang der Lieferkette schaden können, begann das Unternehmen mit der Suche nach nachhaltigeren Materialien und Lieferanten.
2015 stärkte IWC ihr Nachhaltigkeitsprogramm mit einem Nachhaltigkeitsausschuss, einem nebenamtlichen Nachhaltigkeitsbeauftragten und einem Grundlagenbericht. 2017 beauftragte IWC die globale Managementberatungsfirma Sustainserv mit der Durchführung einer Wesentlichkeitsbewertung, um die für IWC relevantesten Nachhaltigkeitsthemen zu bestimmen, und sie dabei zu unterstützen, ihre Initiative zu fokussieren und eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzubereiten. Die ermittelten wesentlichen Themen bilden die Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von IWC: Wie jedes Thema strategisch angegangen, wie der Fortschritt verfolgt und was bei jedem Thema geleistet wird. Sustainserv war als Berater, Datenanalyst und Redakteur bei der Berichterstattung involviert und half IWC, alle Anforderungen der GRI-Standards an die Berichterstattung für ihren Bericht 2018 zu erfüllen.
IWC verfügt nun über einen hauptberuflichen Corporate Sustainability Manager, ein Programm, dass sich über alle Unternehmensbereiche erstreckt und berichtet im Zweijahres-Rhythmus.
Die Führung übernehmen: Was IWC erreicht und gelernt hat
Eine ordnungsgemäße Berichterstattung nutzt Nachhaltigkeitspraktiken in exponentieller Weise, indem sie eine positive Feedback-Schleife schafft. Der gestiegene Stolz der Mitarbeitenden, für IWC zu arbeiten, war eines der Ergebnisse, das wiederum zu einer größeren internen Unterstützung des Nachhaltigkeitsprogramms führte. Die Mitarbeitenden signalisierten ihre positiven Gefühle, nachdem der WWF-Bericht 2018 und die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit die Branchenführerschaft von IWC anerkannte, die ausdrücklich auf die Verpflichtung zur Berichterstattung zurückzuführen ist.
Der neue Austausch mit den Kunden war ein weiteres positives Ergebnis. Jede Boutique stellt den Kunden die Berichte 2018 und 2020 zur Verfügung, und die Mitarbeitenden der Boutiquen sind mit den Nachhaltigkeitsinitiativen von IWC bestens vertraut. Sie sind auch bereit, den Dialog auf Fragen auszudehnen, auf die sie keine unmittelbaren Antworten haben.
IWC ist sich bewusst, dass Nachhaltigkeit eine Reise ist. Es ist nicht realistisch, von heute auf morgen vollkommen nachhaltig zu werden, aber Ziele zu setzen, sich zu Transparenz zu verpflichten und genaue Berichte herauszugeben, schafft Vertrauen und Loyalität bei den Stakeholdern.
Praktische Anleitung für eine aussagekräftige Nachhaltigkeitsberichterstattung
- Führen Sie eine Wesentlichkeitsbeurteilung durch, um die wesentlichen Themen zu identifizieren, die es zu managen und worüber es zu berichten gilt.
- Strukturieren Sie Ihre Berichterstattung „zweckgerecht“. Aus der Sicht der Nutzer: Wer muss für welchen Zweck was wissen?
- Bauen Sie einen Berichterstattungsprozess auf, der zuverlässig und dauerhaft, aber auch effizient und effektiv ist.
- Transparent kommunizieren. Das Erkennen negativer Auswirkungen erhöht die Glaubwürdigkeit.
- Wählen Sie die für Ihr Publikum geeigneten Berichtsformate.
Der Originaltext von Sarah Vowles und Manuela Huck-Wettstein ist unter dem Titel «Transparency delivers Engagement for Luxury Watchmaker» in der Ausgabe Nummer 17 von «The Reporting Times», der Zeitung des Center for Corporate Reporting (CCR), erschienen.