Die Berichterstattung über klimabezogene Risiken und Chancen wird zunehmend von Regulierungsbehörden, Kunden und Investoren gefordert. Die Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Disclosures (TCFD) sind ein wichtiges Instrument, um diesen Bedarf zu decken. Was ist die TCFD-Berichterstattung, wie sollten Unternehmen dabei vorgehen, und welche qualitativen und quantitativen Inhalte sind zu erwarten?
Woher kommt sie, wohin geht sie?
Die Klimaberichterstattung auf der Grundlage der von der Task Force on Climate-Related Disclosures (TCFD) erarbeiteten Empfehlungen soll den Interessengruppen helfen, die Risiken zu bewerten, denen Unternehmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ausgesetzt sind. Aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf die finanzielle Offenlegung werden die Hauptnutzer der TCFD-bezogenen Offenlegung höchstwahrscheinlich Investoren, Kreditgeber und Versicherungsunternehmen sein. Darüber hinaus bietet die Klimaberichterstattung auf der Grundlage von TCFD der Unternehmensleitung eine umfassendere Risikolandschaft, die sie bei der Erfüllung ihrer treuhänderischen Pflicht unterstützt. Während die Task Force als Gremium vor kurzem aufgelöst wurde, übernimmt die IFRS Foundation ab 2024 die Überwachung der Fortschritte bei den klimabezogenen Angaben der Unternehmen aus dem TCFD. Nach Angaben der IFRS Foundation enthält der Standard IFRS S2 die Empfehlungen des TCFD vollständig.
Angesichts der Verwandtschaft mit den einzigen wirklich globalen Finanzberichterstattungsstandards unter dem Dach der IFRS Foundation wird die Bedeutung der Berichterstattung auf der Grundlage der TCFD-Empfehlungen durch das jüngste Schweizer Regulierungsmandat zur Klimaberichterstattung für grosse Unternehmen deutlich. Dieses Mandat, das die Anforderungen des Schweizerischen Obligationenrechts an die nichtfinanzielle Berichterstattung in Bezug auf Klimafragen vertieft, verlangt von den Unternehmen nicht nur die Offenlegung eines Klima Transitionsplans, sondern stellt auch klar, dass bei der Berichterstattung auf der Grundlage der TCFD-Empfehlungen davon ausgegangen wird, dass sie mit dem gesetzlichen Mandat übereinstimmt – andernfalls muss ein Unternehmen die Einhaltung ausdrücklich nachweisen oder die Nichteinhaltung erklären und begründen („comply or explain“).
Kriterien statt Regeln
Es gibt verschiedene Arten der Unternehmensberichterstattung: solche, die auf Kriterien beruhen, die eine erhebliche Flexibilität zulassen (oft als „prinzipienbasiert“ bezeichnet), und solche, die auf Regeln mit Checklisten und strengen Indikatorprotokollen wie vorgeschriebenen Datentabellen beruhen („entsprechend regelbasiert“). Es ist wichtig, dass sich die Ersteller von Unternehmensberichten darüber im Klaren sind, dass die TCFD-Berichterstattung derzeit genau in die erstgenannte Gruppe fällt (während z. B. die CSRD/ESRS-konforme Berichterstattung strengere Anforderungen an die klimabezogenen Angaben stellt). Dies ist eines der ersten Dinge, die wir Unternehmen mitteilen, die sich bezüglich der TCFD-Berichterstattung an uns wenden und die Tabellen- und Listenvorlagen anfordern, die sie ausfüllen müssen – ein solcher „Fill in the blanks“-Ansatz ist nicht die Art und Weise, wie TCFD-Berichterstattung funktioniert oder erfolgreich angegangen werden kann.
Die 11 Empfehlungen des TFCD gliedern sich in vier Säulen – Governance, Strategie, Risiko sowie Messgrößen und Ziele. Die Abfolge dieser vier Säulen zeigt, dass die Architekten des TCFD qualitative Elemente als notwendig erachteten, um den Kontext zu den quantitativen Elementen zu liefern, die typischerweise in den Klimaberichten der Unternehmen zu finden sind, z. B. die Kohlenstoffemissionen. Die Empfehlungen innerhalb der ersten drei Säulen – Governance, Strategie, Risiko – fordern die Unternehmen auf, die Aufteilung der Verantwortlichkeiten in Bezug auf Klimafragen innerhalb der Organisation offenzulegen, aufzuzeigen, wie die Unternehmensstrategie klimabezogene Fragen berücksichtigt und wie das Klima in den Risikoprozess des Unternehmens integriert ist. Erst wenn diese Grundlagen und Fähigkeiten angesprochen und erläutert sind, wird nach quantitativen Messgrössen und Zielen gefragt. Hier ist anzumerken, dass der TFCD, obwohl es sich letztlich um „Financial Disclosures“ handelt, nur sehr wenige physische Zahlen vorgibt, hauptsächlich die verschiedenen Bereiche der Kohlenstoffemissionen. Inwieweit das Unternehmen dann die THG-Emissionen und die Aussichten der verschiedenen Klimaszenarien (die integraler Bestandteil der TCFD sind) in finanzielle Grössen umrechnet, bleibt ziemlich offen. Dies ist zwar möglich, wie einige Unternehmen gezeigt haben, aber die Variablen in den verschiedenen Szenarien in finanzielle Ergebnisse umzuwandeln, erfordert eine gründliche methodische Ausarbeitung und ist alles andere als trivial.
Fähigkeiten als Hauptziel
Diese Struktur und Betonung der TCFD-Berichterstattung ermöglicht es den Berichtsnutzern, vor allem auf den Finanzmärkten, aber auch darüber hinaus, zu verstehen, ob ein Unternehmen eine Strategie für den Umgang mit Klimarisiken hat, ob es in der Lage ist, diese Strategie umzusetzen, Veränderungen bei klimabezogenen Risiken frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf zu reagieren.
Dieser Ansatz ist sehr sinnvoll, wenn man bedenkt, dass nicht nur der Klimawandel selbst, sondern vor allem seine Auswirkungen auf die Risiken und Chancen von Unternehmen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Eine Value-at-Risk-Zahl oder ähnliche Indikatoren allein dürften für Finanzmarktteilnehmer viel zu unsicher sein, um Entscheidungen darüber zu treffen, wie – oder ob – sie mit einem bestimmten Unternehmen zusammenarbeiten sollen. Im Gegensatz dazu kann die Forderung, dass Unternehmen als Investitionsobjekte in Anlageportfolios oder als Partner bei Finanztransaktionen über robuste Fähigkeiten zum Umgang mit Klimarisiken verfügen, ein sinnvoller Massstab für wirtschaftliche Entscheidungen sein.
Szenarien, einschliesslich physischer Risikomodellierung
Vor dem Hintergrund der hohen Unsicherheiten ist es sinnvoll, dass der TCFD-Standard von den Unternehmen verlangt, offenzulegen, wie sie klimabezogene Szenarien berücksichtigen. Die Idee ist nicht, dass sie sagen sollen, was passieren wird (das wäre kaum möglich), sondern wie sie auf mögliche Zukünfte reagieren und darin gedeihen würden. Diese Anforderung an die Integration von Szenarien wirkt sich eindeutig sowohl auf die Strategie als auch auf das Risikomanagement aus, auch wenn in den TCFD-Empfehlungen Szenarien in erster Linie im Abschnitt über die Strategie hervorgehoben werden. Und obwohl die TCFD einen gewissen Spielraum bei der qualitativen oder quantitativen Formulierung von Szenarien lässt, gibt es einen klaren Trend und die Erwartung des Marktes, dass die oft qualitative Betrachtung von Szenarien in frühen TCFD-Berichten weiterentwickelt wird und mehr quantitative Informationen enthält.
In allen TCFD-Empfehlungen und eindeutig auch in Bezug auf Szenarien kann zwischen vorübergehenden Effekten (Veränderungen z. B. in der öffentlichen Politik oder in den Präferenzen von Käufern oder Investoren, die potenziell negativ, aber möglicherweise auch vorteilhaft sind) im Zusammenhang mit dem Klima und physischen Effekten des Klimawandels (wie z. B. veränderte Häufigkeit und Schwere von Stürmen, Überschwemmungen oder extremen Temperaturereignissen) unterschieden werden. Diese Arten von Auswirkungen müssen von den Unternehmen nicht nur unterschiedlich angegangen werden, sondern sie müssen auch auf unterschiedliche Art und Weise und mit unterschiedlicher Granularität in der Szenarioarbeit analysiert werden, die die Grundlage für die Management- und Berichtsarbeit bildet.
Ein Unterschied zwischen vorübergehenden und physischen Auswirkungen besteht in der Bedeutung der spezifischen Granularität. Ein vorübergehendes Risiko, wie z.B. eine Änderung der Steuersätze, könnte sich auf alle Unternehmen in der betreffenden Rechtsordnung in ähnlicher Weise auswirken. Ein extremes Wetterereignis würde eine Fabrik auf einem offenen Feld ganz anders treffen als eine Fabrik, die an einem Berghang liegt. Aus diesem Grund ist eine mathematische Modellierung mit einer hohen räumlichen Auflösung besonders wichtig, wenn es um physische Risiken und Chancen geht.
Klimarisikodatenmodelle, wie das von CLIMADA Technologies entwickelte (siehe Abbildung), spielen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung hochauflösender probabilistischer Klimaereignisse, die durch Ereigniskataloge für aktuelle und zukünftige Klimaszenarien erfasst werden. Durch die Verknüpfung dieser Gefährdungsinformationen mit internen Anlagen- und Verwundbarkeitsdaten für den eigenen Betrieb und wichtige Zulieferer können detaillierte physische Risikoanalysen durchgeführt werden, die sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen berücksichtigen.
Simulierte Flussüberschwemmungen für die zentrale Provinz Guangdong in der industriellen Perlflussdelta-Region Chinas, wo ein bedeutender Teil der globalen Produktionslieferketten angesiedelt ist. Quelle: CLIMADA Technologies globaler, aktualisierter Flusshochwasserdatensatz (90m x 90m) für alle Klimaszenarien und Zeitschritte bis 2100.
Die Ergebnisse dieser Analysen fliessen in solide Risikobewertungen und -berichte ein, die branchenspezifische finanzielle Risikometriken und Bewertungen berücksichtigen und über Regionen und Sektoren hinweg vergleichbar sind. Ein wichtiger zusätzlicher Aspekt der Klimarisikoanalyse ist die Untersuchung von Anpassungsmassnahmen durch Kosten-Nutzen-Analysen für wichtige Standorte. Auf diese Weise können Unternehmen wirksame Strategien zur Bewältigung von Klimarisiken entwickeln und so ihren langfristigen Geschäftserfolg sichern.
Governance und Strategie
Die TCFD-Architekten haben ihre Empfehlungen sehr konsequent formuliert. Bei der Definition der Empfehlungen scheint die zugrunde liegende Frage gewesen zu sein: „Woran kann man erkennen, dass ein Unternehmen nicht nur formal über klimabezogene Risiken und Chancen berichtet, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinandersetzt?“ Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig, dass man dies an der Unternehmensführung und -strategie erkennen kann.
Wenn klimabedingte Risiken, die unter verschiedenen Szenarien auftreten können, wichtig sind, weil es sich um Themen handelt, die das Unternehmen nicht kontrollieren kann, auf die es aber reagieren muss, dann ist es durchaus plausibel, dass die Verantwortung für eine angemessene und rechtzeitige Reaktion in der Organisation bei Einzelpersonen oder Ausschüssen verankert sein muss. Vereinfacht ausgedrückt: Es muss jemanden geben, der sich um die Themen Klimawandel, Anpassung an den Klimawandel und Aufbau von Resilienz kümmert, der sie so weit wie möglich managt und in den Stoffwechsel des Unternehmens integriert. Und zwar nicht nur in einem organisatorischen Silo, wie CSR über so viele Jahre hinweg praktiziert wurde, sondern im Dialog mit der Unternehmensleitung und den Aufsichtsgremien.
Das Gleiche gilt für die Strategie. In unserer Arbeit mit unseren Kunden definieren wir Strategie als „den übergreifenden Plan, der den Umfang, die Richtung und die langfristigen Ziele einer Organisation festlegt, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen und den Unternehmenswert zu maximieren“. Wenn klimabezogene Risiken und Chancen bestehen, dann müssen sie in die Unternehmensstrategie einbezogen werden, denn sie sind Faktoren, die Wettbewerbsvorteile und -nachteile beeinflussen und sich unter anderem positiv oder negativ auf den Unternehmenswert auswirken können.
Was nun?
Unsere kurzen Anmerkungen machen deutlich, dass TCFD nicht einfach nur eine weitere Form der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist, sondern ein Beispiel für die „Berichterstattung der nächsten Generation“ – eine Berichterstattung, die von den Unternehmen Seriosität und Konsequenz erwartet und die verlangt, dass auf Beweise schlüssige und entschiedene Massnahmen folgen.
TCFD erfordert integratives Denken und die Vernetzung wichtiger Unternehmensfunktionen wie Governance, Strategie und Risikomanagement. Darüber hinaus erfordert eine konforme Anwendung von TCFD, wie sie in der Schweiz unter OR 964 gefordert wird, einen anderen „Werkzeugkasten“ als für die typische, allgemeinere Nachhaltigkeitsberichterstattung. Es ist wichtig zu erkennen, dass die Verwendung von Szenarien, die Ableitung von Variablen und deren Unterschiede in verschiedenen Zukünften sowie die Integration von Klimarisiken in bestehende Risikomanagementsysteme in der TCFD-Berichterstattung ein anderes, tieferes Fachwissen erfordern als beispielsweise die Ermittlung des CO2-relevanten Energieverbrauchs.
Sustainserv und CLIMADA Technologies können Ihnen helfen, die richtigen Methoden für eine OR 964-konforme TCFD-Berichterstattung zu finden und anzuwenden. Unsere Klima- und Szenarioexpertise wird Ihnen helfen, die notwendigen Schritte in Richtung TCFD effektiv und mit Augenmass zu unternehmen.
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Sustainserv ist eine weltweit tätige Unternehmensberatungsfirma, die mit Unternehmen zusammenarbeitet, um Nachhaltigkeitsaspekte in langfristige Strategien, alltägliche Abläufe und Kommunikation zu integrieren. Alles, was Sustainserv tut, ist darauf ausgerichtet, jeden Tag einen sinnvollen Wandel in der Welt zu bewirken.
CLIMADA Technologies ist eine wissenschaftlich fundierte Organisation für die Analyse von Klimarisiken, die Unternehmen auf der ganzen Welt kritische Einblicke vermittelt und marktgerechte regulatorische Berichte, Klimadaten – und Software als Dienstleistung – bereitstellt. CLIMADA Technologies ist ein ETH-Spin-off.